Wenn die Tage kürzer werden und schon langsam der Duft von Glühwein und heissen Maroni in der Luft liegt, dann ist es wieder Zeit für das Klassikkonzert der Stadtmusik Winterthur.
Wilde Flötenläufe und feurige Trompetenfanfaren bringen an diesem kalten Herbsttag noch einmal sommerliche Gefühle ins Stadthaus. Für mich als Saxophonisten ist dieses Konzert immer ein Highlight. Es gibt mir die Möglichkeit, mein Instrument, das als junge Erfindung erst spät und sehr beschränkt im Sinfonieorchester seinen Platz gefunden hat und eher im Jazz oder in der traditionellen Blasmusikliteratur beheimatet ist, neu zu entdecken. Zudem zeigt die Stadtmusik, dass ein Blasorchester klassische Musik genauso gut spielen kann wie ein Sinfonieorchester.
Mit abwechslungsreichen, anspruchsvollen Ouvertüren auf dem Programm durften wir am Sonntag, 10. November unsere Gäste wieder ins Stadthaus einladen. Die Fanfaren der «Festouvertüre» des russischen Komponisten Reinhold Glière sorgten für eine gebührende Eröffnung, liessen dann aber Platz für die tänzerischen Melodien der Holzbläser, bevor das Stück in einem mächtigen Furioso zum Ende gelangte. Mit einem erhabenen Choral starteten wir kontrastreich in die Ouvertüre zur Oper «Nabucco» von Giuseppe Verdi. Nach einem ersten Aufbäumen des Orchesters spielten unsere Solisten auf der Oboe und der Klarinette eine der bekanntesten Melodien dieses Werkes: den Gefangenenchor der Hebräer. Im anschliessenden Allegro konnte die Stadtmusik ihre technischen Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Diese hatten wir auch nötig im folgenden Stück. Denn Richard Wagners Ouvertüre zu «Der Fliegende Holländer» entführte unser Publikum auf das Schiff des Kapitäns Fokke, der gemäss Legende dazu verdammt ist, die stürmischen Weltmeere in alle Ewigkeit zu besegeln. Das prägnante Fluchtmotiv, mit dem das Stück eröffnet wurde, unterbrach zuweilen das Donnergrollen der Bässe, sowie die Wogen der Holzbläser und diente so den Zuhörern als Leuchtfeuer im tosenden Meeressturm. Lust und Leichtigkeit dagegen herrschte in der «Akademischen Festouvertüre», die Johannes Brahms anlässlich der ihm verliehenen Ehrendoktorwürde der Universität Breslau komponierte. Nach dem geheimnisvollen Beginn konnten wir uns in jugendlichem Frohsinn den Studentenliedern hingeben, die Brahms in dem Werk zitiert.
Für ein Highlight sorgte unser Cellist in der Ouvertüre zur Operette «Dichter und Bauer» von Franz von Suppé. Begleitet von zarten Harfenklängen nahm er uns mit romantischen Melodien mit in die gute alte Zeit von Kaiser Franz Josephs Donaumonarchie. Anschliessend konnten wir im ¾-Takt des obligaten Operetten-Walzers schwelgen, bevor wir in fulminantem Allegro den offiziellen Konzertteil beendeten.
Natürlich hatten wir zwei Zugaben vorbereitet, mit denen wir uns beim Publikum für ihren Applaus bedankten. Mit «Berceuse», dem Wiegenlied aus der Oper «Mazeppa» von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, luden wir noch einmal zum Träumen ein, um uns anschliessend standesgemäss mit einem Marsch zu verabschieden. Das noch einmal alle Konzentration fordernde «Allegro Vivace» des «March for the Sultan Abdul Medjid» bot einen würdigen Schlusspunkt des Konzertes, dem letzten Klassikkonzert mit unserem Dirigenten Fredi Olbrecht, der uns im Sommer 2020 leider verlassen wird. Vielen Dank Fredi für die tolle Zusammenarbeit!
Bericht: Silvio Badolato